das Schlangenhäuschen in Melsungen


In die Zeit zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts führt uns der Besuch des Melsunger Schlangenhäuschen zurück. Wir schreiben das Jahr 1905, als der Melsunger Heimat- und Verschönerungsverein die erste Schutzhütte im Melsunger Stadtwald bauen lies. Ihr Name ist abgeleitet von den schlangenförmig gewundenen Ästen, welche die Erbauer über dem Eingang anbrachten.


Im Jahr 1905 war Kaiser Wilhelm II das Oberhaupt des Deutschen Reiches. Deutschland war zur drittgrößten Kolonialmacht herangewachsen. Es ist die Zeit der Wandervogelbewegung. Vergnüglich ging es in Berlin zu, als im Mai die legendäre Tänzerin Mata Hari, die spätere Spionin, ihren exotischen Schleiertanz aufführte. Der österreichischen Schriftstellerin Bertha von Suttner wurde als erster Frau der Friedensnobelpreis für ihr Werk „Die Waffen nieder!“ verliehen. Der deutsche Mediziner Robert Koch erhielt den Nobelpreis für Medizin für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der Tuberkulose.

Die Tuberkulose war die "Volksseuche" jener Zeit, eine bakteriell übertragbare Lungenkrankheit. Zahlreiche Lungentuberkulose-Patienten suchten auch Heilung in der am 20. April 1904 eröffneten Melsunger Lungenheilanstalt. Erbauer war die Pensionskasse für die Arbeiter der Preußisch-Hessischen Eisenbahngesellschaft. Denn neben der Tuberkulose forderte die zunehmende Industrialisierung ihren Preis in einer zunehmenden Zahl von Erkrankungen der Arbeiter. So verzeichnete man durch den Kohlenstaub beim Befeuern der Dampflokomotiven vermehrte Lungenerkrankungen der Eisenbahner.

In Nähe dieser Heilstätte entstand im Jahr 1905 das Schlangenhäuschen. Im Gegensatz zu heute, war die nahe Umgebung der Hütte noch nicht bewaldet. Vom Schlangenhäuschen aus hatte man einen schönen Weitblick ins nördliche Fuldatal, bis hin nach Kassel. Bei den Insassen der Lungenheilstätte war dieser Ort sehr beliebt, wie die alten noch vorhandenen Erinnerungstafeln zeigen. Das Schlangenhäuschen war somit stark mit der Kureinrichtung verbunden.

Bis zum 31.12.1977 wurde die „Heilstätte“ von der Deutschen Bundesbahn als Reha-Einrichtung für Herz- und Kreislaufpatienten betrieben. Im Jahr 1979 erwarb die Firma B. Braun Melsungen AG das Gebäude und nutzt dieses nun für betriebliche Zwecke. Damit wurde es auch um das historische Schlangenhäuschen ruhiger. Es steht bis heute als ein Stück der Melsunger Kurort Geschichte.

Auf der Tafel über dem Schlangenhäuschen steht zu lesen:

„In diesem kühlen Grunde, wo die Schlangen hausten,
halte lange Rast von des Alltags Hast“.

Ein Motto, welches in unserer digitalen Zeit, noch mehr Bedeutung gefunden hat.


Hans Jürgen Groß


HTML-Galerie Zonerama
HTML-Galerie 1